Stoppt die Anklage gegen die Iuventa-Crew! Zusammen mit Seebrücke und Sea-Eye!

Nach fast fünf Jahren strafrechtlicher Ermittlung beginnt am 21. Mai 2022 das Vorverfahren gegen die Seenotretter_innen der Iuventa-Crew in Trapani, Italien. Den vier deutschen Crewmitgliedern drohen in Italien bis zu 20 Jahre Gefängnis, weil sie dabei geholfen haben, mehr als 14.000 Menschen im Mittelmeer vor dem Ertrinken zu retten.
Die Iuventa-Crew kann ihre wichtige Arbeit im Mittelmeer nicht fortsetzen, seitdem ihr Rettungsschiff im August 2017 beschlagnahmt wurde. Vier ehrenamtliche Crewmitglieder stehen jetzt in Italien für ihren Einsatz vor Gericht. Der Vorwurf: Beihilfe zur illegalen Migration. Bei der Vorverhandlung am 21. Mai soll entschieden werden, ob ein möglicherweise jahrelanger Prozess gegen die Seenotretter_innen eingeleitet wird.
Anstatt Menschen in Not zu helfen, schottet sich Europa immer mehr ab. Kinder, Frauen und Männer stranden an den Grenzen Europas oder ertrinken auf dem Weg dorthin. Es wird immer schwieriger für geflüchtete Menschen Schutz zu finden. Und wer sich für die Rechte von Flüchtlingen und Migrant_innen einsetzt, gerät schnell ins Fadenkreuz der Ermittler_innen. Die Iuventa-Crew steht für all die freiwilligen Helferinnen und Helfer, die sich für das Überleben von Schutzsuchenden einsetzen.
Wir stehen solidarisch an der Seite der angeklagten Seenotretter_innen und aller Menschen, die für ihre Flucht kriminalisiert werden. Flucht ist ein Menschenrecht, Seenotrettung ist eine völkerrechtliche Pflicht!
Lasst uns am 21.05.2022 ein deutliches Zeichen setzen und gemeinsam fordern: Stoppt die Anklage gegen die Iuventa-Crew! Stoppt die Kriminalisierung von Flucht und Seenotrettung!

Redebeitrag der Regensburger Amnesty-Gruppe:

Aus Artikel 14 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte ergibt sich, dass Flüchtlinge das Recht haben, Asyl zu suchen und zu genießen. Außerdem ist der Schutz vor Abschiebung in die Verfolgung ein Menschenrecht, das unter anderem in der Europäischen Menschenrechtskonvention bestätigt wird. Jeder Staat muss somit Personen Schutz gewähren, denen in ihrem Herkunftsland Verfolgung droht. Doch viele Regierungen kommen dieser Verpflichtung nicht nach, obwohl sie in der Genfer Flüchtlingskonvention festgeschrieben ist.
Menschen, die in der Europäischen Union um Schutz ersuchen wollen, sind häufig gezwungen, ihr Leben aufs Spiel zu setzen: Militärisch abgesicherte Grenzen sorgen dafür, dass die Schutzsuchenden nur schwer oder gar nicht einreisen können; eine immer engere Kooperation mit Transitstaaten entlang der Fluchtrouten soll sicherstellen, dass Menschen möglichst frühzeitig abgefangen werden; sichere Zugangswege gibt es kaum. So wird der Zugang zu einem fairen Asylverfahren verwehrt. Dies widerspricht der Genfer Flüchtlingskonvention und internationalen Menschenrechten.
Anstatt Menschen in Not zu helfen, schottet sich Europa immer mehr ab. Kinder, Frauen und Männer stranden an den Grenzen Europas oder ertrinken auf dem Weg dorthin. Es wird immer schwieriger für geflüchtete Menschen Schutz zu finden. Doch wer sich für die Rechte von Flüchtlingen und Migrant_innen einsetzt, gerät schnell ins Fadenkreuz von Ermittler_innen.
Heute ist der Tag, an dem die Vorverhandlungen in Trapani, Italien gegen vier Mitglieder der Iuventa Crew wegen „Beihilfe zur illegalen Einreise“ eröffnet werden.
Innerhalb eines Jahres – zwischen Juli 2016 und August 2017 – retten etwa 200 Freiwillige mit Hilfe der Iuventa unter Wahrung internationalen Rechtes mehr als 14.000 Menschen aus Seenot. Zu diesen Menschenrechtler:innen gehören zehn Besatzungsmitglieder des Schiffs “Iuventa”, die im Mittelmeer geflüchtete Menschen vor dem Ertrinken gerettet haben. Die italienische Justiz ermittelt seit Monaten gegen sie – auf Grundlage haltloser Vorwürfe. Für Amnesty International sind die Iuventa10 Vorbilder für menschenrechtliches Engagement, das unterstützt und geschützt werden muss und nicht kriminalisiert. Daher erhielten sie den Amnesty Menschenrechtspreis im Jahr 2020. Mit dem Menschenrechtspreis zeichnet die deutsche Amnesty-Sektion alle zwei Jahre Persönlichkeiten und Organisationen aus, die sich unter schwierigen Bedingungen für die Menschenrechte einsetzen. Ziel des Preises ist es, das Engagement dieser Menschen zu würdigen, sie zu unterstützen und ihre Arbeit in der Öffentlichkeit bekannter zu machen.

Da das Verfahren starke Auswirkungen auf die Arbeit der Seenotrettung insgesamt hat, wollen wir den Tag gemeinsam mit der Iuventa Crew und anderen Organisationen nutzen, um gegen die Kriminalisierung der Seenotrettung im Mittelmeer laut zu werden, denn Seenotrettung ist eine völkerrechtliche Pflicht. Statt die Crewmitglieder wegen der Beihilfe zur irregulären Einreise strafrechtlich zu verfolgen, muss die Rettung geflüchteter Menschen straffrei bleiben, da sie aus humanitären Gründen erfolgt.
Wir fordern Italien und andere EU-Mitgliedsstaaten auf, mit sofortiger Wirkung Rettungseinsätze auf See zu gewährleisten, sowie jede gerettete geflüchteten Person an einen sicheren Ort zu bringen.
Amnesty International fordert des Weiteren, das Verfahren gegen die Iuventa-Crew und andere Seenotrettungsorganisationen sofort einzustellen. Außerdem muss der Straftatbestand “Beihilfe zur irregulären Einreise” so verändert werden, dass humanitäre Hilfe an den europäischen Außengrenzen nicht länger kriminalisiert wird.
Menschen dürfen nicht bestraft werden, weil sie geflüchteten Menschen geholfen haben. Jedes Leben muss gerettet werden, egal wo.

Text: Sophie Flack